Geschichte der Schützenvereine in Deutschland

Der Schützenverein (auch Sportschützenverein oder Schützenbruderschaft) in seiner heutigen Form entstand im frühen 19. Jahrhundert im Gefolge der napoleonischen Kriege. Ihre Ursprünge haben sie in mittelalterlichen Städten, z. B. in den Nürnberger Schützengesellschaften. Die Mitglieder bestanden zunächst vielfach aus Kriegsveteranen, wie der bisherigen freiwilligen Heeresverbände, z. B. des Lützowschen Freikorps. Neben gesellschaftlichen und sozialen Aspekten kamen den Schützenvereinen lange Zeit auch politische Funktionen zu. Im Vormärz (1815 - 1848) wurden die Schützenvereine zu wesentlichen Trägern nationaldemokratischer Opposition gegenüber der einzelstaatlichen Fürstenherrschaft und blieben dies bis weit in die Gründerzeit hinein.

Mit ihrer Konzeption einer auf die deutsche Nation verpflichteten, intern nach demokratischen Prinzipien organisierten Bürgermiliz scheiterten sie jedoch am Erfolg der Bismarckschen Revolution von oben. Zugleich bekamen sie Konkurrenz durch die Kriegervereine, die sich schließlich im Kyffhäuserverband zusammen schlossen und für lange Zeit wesentlich erfolgreicher den „Militarismus der kleinen Leute“ (Thomas Rohkrämer) zu organisieren verstanden. Durch eine Anpassung dieses neuen Reichsnationalismus vermochten die Schützenvereine zu überleben, wenngleich ihre naturgemäße politische Funktion immer mehr in den Hintergrund trat.

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Sturz der Monarchie kamen in Deutschland grundlegend neue Formen radikaler Wehrverbände auf, von denen die SA der NSDAP die schließlich erfolgreichste war, und die die Jugendkultur der Weimarer Republik wesentlich mitprägten. Sie anzunehmen gelang den Schützenvereinen nur noch sehr bedingt. Die demokratischen Verflechtungen des überlieferten Vormärz-Nationalismus standen oft in großem Widerspruch zu der autoritären, nach dem Führerprinzip organisierten Struktur der meisten Wehrverbände. Wo dies und die 1933 daraus resultierende Selbstgleichschaltung gegenüber dem NS-Regime misslang, wurden die Schützenvereine zunehmend an den Rand gedrängt und schließlich vielfach ganz verboten. Ländliche Gegenden mit ihrer noch stärker vorhandenen paternalistisch-konservativen politischen Kultur wurden zum Zufluchtsort der Schützenvereine.

Nach der Kapitulation der Wehrmacht verboten die Alliierten die Schützenvereine als uniformierte Waffenträger zunächst ganz. Erst Anfang der 1950er-Jahre wurden sie in der alten Bundesrepublik wieder zugelassen. In der DDR blieben sie untersagt. In den neuen Bundesländern erfolgte deshalb nach der Wiedervereinigung ein vollständiger Neuaufbau. Die Organisations- und Mitgliederstruktur ist dort wesentlich schwächer als in den meisten alten Bundesländern. Doch auch dort konnte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht immer nahtlos an alte Traditionen angeknüpft werden. Die Diskreditierung jedweder Form von Nationalismus war dafür nach 1945 zu stark. Hinzu kam mit dem politisch-gesellschaftlichen Umbruch der 1968er-Bewegung auch die Problematisierung des traditionellen militärischen Habitus der Schützenvereine.

In der Folge entwickelten sich die Schützenvereine zunehmend auch zu Sportvereinen. Der Deutsche Schützenbund organisierte sich erfolgreich in den entsprechenden internationalen Dachverbänden und entwickelte sich zur sicheren Medaillenbank bei Olympischen Spielen. Außerdem übernahm er maßgeblich die Ermöglichung und Beaufsichtigung eines geregelten sportlichen Schießbetriebes nach dem Waffengesetz.

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